NACHGEFRAGT
Heute möchten wir Ihnen ein noch recht junges Projekt vorstellen, welches beim Infopunkt Demenz und Pflege mit angesiedelt ist: unsere Kontaktstelle für Nachbarschaftshilfe. Dazu befragen wir unsere Kollegin, Katja Krüger, welche die Kontaktstelle seit September 2023 betreut.
Stell dich doch bitte einmal vor. Wie bist du zur FAMI gekommen?
Ich unterstütze die Fami seit September und baue hier unsere Kontaktstelle für Nachbarschaftshilfe weiter aus. Ich bin gelernte Sozialversicherungsfachangestellte; Sozialberaterin und Alltagsbegleiterin für an Demenz erkrankte Menschen. In den letzten 8 Jahren war ich selbständig in diesem Bereich und begleitete Kinder, Senioren*innen und Menschen mit Demenz in ihrem Alltag. Dabei konnte ich sehr viele Erfahrungen sammeln und ich freue mich, diese in meiner neuen Tätigkeit im Familienzentrum einbringen zu können.
Was ist eigentlich Nachbarschaftshilfe?
Nachbarschaftshilfe bezeichnete ursprünglich eine gegenseitige, vor allem im ländlichen Raum unter Nachbarn gewährte sporadische Unterstützung im Alltag, ohne Vergütung. Im Zusammenhang mit Pflegebedürftigkeit gibt es eine spezielle Form von Nachbarschaftshilfe (NH), die in den letzten Jahren mehr in den Fokus gerückt wurde. Eine solche NH gilt als Leistung zur Unterstützung im Alltag bzw. als niedrigschwelliges Entlastungs- und Betreuungsangebot und kann daher durch die Pflegekassen finanziert werden (z.B. mit dem Entlastungsbetrag von 125,- Euro ab Pflegegrad 1). Es handelt sich dabei weiterhin um eine Art nachbarschaftliches Engagement.
Wie können Nachbarschaftshelfer*innen unterstützen?
Unterstützungsmöglichkeiten können sein: Spaziergänge, Begleitungen zum Arzt oder therapeutischen Maßnahmen; Vorlesen, Gespräche, Unterstützung bei der Freizeitgestaltung; Begleitung zum Einkaufen, gemeinsam Kochen und Backen; zusammen Zeit verbringen u. v. m. Die Tätigkeit der Nachbarschaftshilfe kann nicht als reine Haushaltshilfe verstanden werden. Hier gilt Hilfe zur Selbsthilfe. Ziel ist es, dass die pflegebedürftigen Menschen länger selbstbestimmt zu Hause leben können, dass ein Unterstützungsnetzt rechtzeitig aufgebaut wird, die Angehörigen entlastet werden. Die NH kann genau dazu etwas beitragen.
Wer kann sich an die Kontaktstelle wenden?
Wir sind Ansprechpartner für Menschen mit einem Pflegebedarf oder deren Angehörigen, auf der Suche nach Unterstützung und Entlastung. Hier beraten wir bei der Ermittlung ihres Hilfebedarfes und vermitteln zertifizierte, bei den Pflegekassenanerkannte, Nachbarschaftshelfer*innen. Des Weiteren unterstützen wir Menschen, die gern als Nachbarschaftshelfer*innen tätig werden wollen. Wir vermitteln Informationen zu den Voraussetzungen, den Abrechnungsmöglichkeiten und helfen bei der Anerkennung durch die Pflegekassen. Wenn es ihr Wunsch ist, nehmen wir sie in unsere Datenbank auf und vermitteln Menschen mit Unterstützungsbedarf. Und wir verstehen uns als Ansprechpartner*innen für bereits tätige Nachbarschaftshelfer*innen. Sie können sich ebenfalls auf Wunsch registrieren lassen und bei Bedarf vermitteln wir gern pflegebedürftige Menschen. An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass gerade eine Praxis-Austausch-Gruppe gestartet ist – ein offenes Angebot, bei dem sich bereits tätige Nachbarschaftshelfer*innen untereinander austauschen können, wo wir zu relevanten Themen und Neuerungen informieren und auch einen Raum schaffen, zu möglichen Fragestellungen der Nachbarschaftshelfer*innen.
Wie werde ich Nachbarschaftshelfer*in?
Zunächst absolvieren Sie einen Grundkurs für Nachbarschaftshelfer*innen bei einem anerkannten Anbieter. Der Grundkurs umfasst 5x90 Minuten und wird in der Regel als Tageskurs angeboten. Er ist kostenfrei. Außerdem ist eine angemessene Haftpflichtversicherung erforderlich. Hier werden 2 Mio. für Personen- und Sachschaden empfohlen. Diese Unterlagen reichen Sie bei Ihrer Pflegekasse ein. Sie erhalten dann ein Anerkennungsschreiben und können nun Ihre Tätigkeit als Nachbarschaftshelfer*in beginnen.
Was Sie noch wissen sollten: Sie können bis 10,- Euro pro Stunde abrechnen. Maximal 40 Stunden im Monat dürfen pflegebedürftige Menschen von Ihnen begleitet und entlastet werden. Zudem gilt, dass Sie als Nachbarschaftshelfer*in mit der zu betreuenden Person nicht in häuslicher Gemeinschaft leben; nicht mit ihr verwandt oder verschwägert sind (bis 2. Grades) und auch nicht als deren eingetragene Pflegeperson fungieren. Was wünscht du dir für Radebeul? Ein wachsendes Netz an Unterstützungs- und Betreuungsangeboten, damit pflegebedürftige Menschen so lange wie möglich in ihrer vertrauten Umgebung bleiben können. Und dass die vielen pflegenden Angehörigen umfangreichere Entlastung erfahren können und auch den Mut haben, diese rechtzeitig anzunehmen. Zudem wünsche ich mir, dass, sich viele Menschen aus Radebeul und näherer Umgebung bei mir in der Kontaktstelle melden, sei es sie sind Nachbarschaftshelfer*in, sei es sie wollen in diesem Bereich tätig werden oder sei es, sie benötigen Unterstützung und Entlastung. Wir sind mit offenem und Herzen für Sie da!
Vielen Dank für das Interview!